Chevy
"TERROR: Kapitel 4" von Cevdet 'Chevy' Ildiz
KAPITEL IV: HENRY
Henry, oder die Nummer 2, wie Lara ihn nennt, ist ein simpler Mensch. Er hat keinen Schulabschluss und über besonders viel Wissen verfügt er auch nicht. Aber was er kann ist arbeiten. »Ich bin der Mann fürs Grobe«, sagt er immer wenn ihn jemand fragt, was er eigentlich für Bill so erledigt. Er ist nicht so fit wie Lara, aber in Sachen Kraft und roher Gewalt, steckt er sogar Bill locker in die Tasche. Dennoch hat er sich einen gewissen Grad an Raffinesse und Fingerfertigkeit angeeignet, was unabdingbar für seine Tätigkeiten ist. Vom Bomben basteln bis hin zu Auftragsmorden, hat er schon alles mit Bill durch. Hier in der Organisation muss er nicht aufpassen was er mit wem anstellt. Bill ist sein Boss und der schützt seine Untergebenen.
Gerade ist Hutch weitergefahren, nachdem ihm Henry den Peilsender untergejubelt hat. »Das war knapp«, sagt er zu sich, »Wär fast schief gegangen, hätt ich mit dem Peilsender nicht improvisiert. Was muss der Typ auch ausgerechnet heute eine andere Zigarettenmarke kaufen, als sonst. Hätt ich nicht das Glück gehabt, dass die Packungen nebeneinanderstanden, wär das wahrscheinlich schief gelaufen.« Er verlässt den Thekenbereich. »Der Mann fürs Grobe kann halt auch Feinarbeiten.« Dann nimmt er seine Jacke und seine Hut auf dem Weg in den hinteren Raum und holt die Pistole, eine CZ 75, aus der Jackentasche. Diese Waffe hat Henry schon sehr lange in seinem Besitz. Er liebt sie, weil sie aufgrund ihres Gewichts so schön schwer in der Hand liegt. Genau das richtige Werkzeug für den Mann fürs Grobe, wie er findet. Die Waffe besteht vollständig aus Metall, was noch ein positiver Punkt ist. Henry hasst diese billigen Kunststoffgriffe, weshalb er fast ausschließlich seine treue Handfeuerwaffe benutzt. Er macht die Tür zur Abstellkammer auf und schaut sich den dort geknebelten, alten Mann an, der in einer Ecke liegt. Er ist 67 Jahre alt, das hat er aus seinem Führerschein heraus gelesen, hat keine Haare mehr auf dem Kopf und seine Haut ist sonnengegerbt durch die ständige Arbeit hier draußen im Niemandsland. Henry zielt mit der Pistole sorgfältig auf die Stirn des Mannes. Dieser kriegt immer größere Augen voller Furcht und Tränen laufen ihm über die Wangen. Was er wohl gerade denkt?, fragt Henry sich. Aber er war nie der sentimentale Mensch, weshalb er kurzerhand abdrückt. Die Kugel fliegt durch den Kopf des Mannes und hinterlässt ein großes klaffendes Loch. »Träum was Schönes, Arschloch!«, sagt er zu dem Toten und leert die verbleibenden 5 Kugeln, indem er die Brust des Mannes durchlöchert. Dabei grinst Henry und merkt, wie sehr er das vermisst hat. Bill wollte eigentlich, dass er den Mann am Leben lässt, aber Henry genießt es zu sehr, andere Leute zu quälen, weshalb er sich für diese Variante entschieden hat. Anstatt den Mann wie befohlen zu betäuben, hatte er ihn niedergeschlagen und ihm beide Arme und Beine gebrochen, damit er handlungsunfähig wurde und nicht noch mitten im Gespräch mit Hutch gegen die Tür hämmerte. Er genießt es, den Schmerz und die Angst in den Augen seiner Opfer zu sehen. Nach getaner Arbeit verschließt Henry die Tür zur Abstellkammer, damit keiner auf die Idee kommt, hier rumzuschnüffeln. Er würde später wiederkommen, die Leiche beseitigen und das alles hier abbrennen. Tief im Herzen ist Henry ein kleiner Feuerteufel. Ein Grund, wieso er Bill so verehrt. »Eine ganze Stadt verdammt!« Allein wenn er darüber nachdenkt, bekommt er Gänsehaut. Er geht zur Hinterseite des Ladens, wo er seinen Ford Pick Up geparkt hat, und steigt ein. »Zeit ein bisschen zu arbeiten.« Polternd rast er über den Highway in Richtung Darrey, hinten auf der Ladefläche hat er ein ̎Durchfahrt verboten̎ Schild liegen. Als er am Ortsschild von Darrey ankommt, bleibt er stehen und steigt aus. Er nimmt die Schaufel hinten von der Ladefläche und fängt an, das Schild auszugraben. Vorgestern erst hatte er es auf Anweisung von Bill aufgestellt. Natürlich kommen keine Fremden nach Darrey, denn die Stadt gibt es offiziell schon eine lange Zeit nicht mehr und auf den neueren Karten ist sie auch nicht eingezeichnet. »Diese Organisation ist echt ne Wucht. So viele Kontakte über die ganze Welt verteilt. Ich würd gern mal wissen, wer so der Obermacker ist hier«, sagt er laut beim Graben. Es ist kalt, trotzdem läuft ihm der Schweiß über die Stirn. Nach getaner Arbeit zieht Henry seinen Hut ab und wischt sich erstmal den Schweiß ab. Dann packt er das große Schild mit einer Hand über die Schulter und befördert es mit einem hohen Bogen auf die Ladefläche des Pick Ups. Als nächstes nimmt er das andere Schild und trägt es zum gerade gegrabenen Loch. »Oh mann, was für ne scheiß Arbeit!« Die Zeit vergeht und endlich ist er fertig, als sein Handy klingelt. »Hey Boss, was gibt’s denn. Hab grad die Schilder wieder vertauscht, damit wir keine ungebetenen Besucher kriegen.«
»Fleißig, fleißig mein lieber Henry. Deshalb schätze ich dich so. Du bist dir für solche Arbeit nie zu schade. Ich würde dich bitten, den Plan weiterzuführen. Ich glaube zwar nicht, dass mein lieber Sohn uns lebend verlassen wird, aber dennoch würde ich gerne auf Nummer sicher gehen.« Bei dem Wort ̎Sohn̎ hört Henry ein verächtliches Schnauben in der Stimme von Bill. »Unser Gast (Dieses Wort betont er), ist im Sägewerk in Zelle Nr. 3 eingeschlossen. Kümmere dich bitte um ihn. Die Adresse von Hutch hast du ja, oder?«
»Na klar, Boss. Verlassen sie sich auf mich. Bin für so was wie geschaffen das wissen sie doch. Irgendwelche Wünsche bezüglich unseres Gastes?«
»Lass dich nicht zu sehr gehen, vielleicht brauchen wir ihn doch noch.«
Henry lacht einmal herzhaft auf: »Natürlich Boss. Auf dem Rückweg nehm ich dann deine Nummer 1 mit.«
»Klar, gute Idee. Denkt daran, dass ihr auch da seid, wenn Hutch ins Manor kommt. Das heißt, falls er den Weg bis hierhin überlebt. Was ich nicht glaube.«
»Verstanden Boss. Bis später.«
»Ok, ich verlasse mich auf dich.« Mit diesen Worten beendet Bill das Gespräch. Henry steigt zufrieden in seinen Pick Up und fährt an dem neuen alten Schild vorbei, bis zu der Stelle an der Hutchs Auto stehen geblieben ist. Mit einem Messer bewaffnet steigt er aus und zersticht die Reifen des Chevys. »Ein Jammer um das schöne Auto, aber was Bill will, kriegt er auch.« Als er das erledigt hat, fährt er links weiter in dem dichten Wald einen Weg entlang, den sonst keiner kennt. So erreicht er nach einiger Zeit das Sägewerk, welches hinter dem See ohne Namen steht. Früher war es natürlich noch aktiv, aber jetzt ist es nur noch ein Nebengebäude für Bills Forschung. Darin befinden sich Räume, die zu Versuchszwecken mit dem Gas benutzt werden und die Zellen, in denen Bill seine ̎Gäste̎, wie er sie nennt, festhält. Henry steigt aus und geht durch das große Rolltor und durch die weiten Hallen mit den Maschinen in den Keller hinunter. Dort sind besagte Zellen, die natürlich erst nach Schließung des Werkes nachträglich eingebaut wurden. 10 An der Zahl. Allerdings sind nicht alle besetzt und in Nr. 3 sitzt ein spezieller Gast von Bill. Seine Waffe hat Henry im Pick Up gelassen. Stattdessen hat er eine Axt und eine Kühlbox voll mit Eis dabei.
In der Zelle hängt eine einzige Lampe, genau über dem Stuhl, auf dem eine kleine Person gekrümmt und gefesselt sitzt. Über dem Kopf hat Gast Nr. 3 einen Sack gestülpt, damit er orientierungslos bleibt. Der Oberkörper ist mit Klebeband mehrmals umwickelt und an der Stuhllehne fixiert. Seine Unterarme wurden ebenfalls mit Klebeband, an den Armlehnen befestigt. Die Zelle ist alt und feucht, es tropft von den Decken und der Putz der Wände bröckelt schon ab. Henry macht die Tür mit einem großen Schlüssel auf, der einen Pferdekopf als Anhänger trägt. Sofort dreht sich der Kopf der Person auf dem Stuhl voll Panik hin und her. Man kann ein gedämpftes »Nein!« und »Bitte nicht!« hören, als Henry sich nähert. Sobald er in Reichweite ist, holt er aus und hämmert einen Faustschlag der Wände einreißen könnte gegen den Sack. Als die Faust das Ziel trifft, hört man ein gedämpftes Knacken, als ob etwas zerbricht und der Stuhl fäll mitsamt seinem Eigentümer auf die Seite. Wahrscheinlich die Nase, denkt Henry sich. Als der Gefangene auf dem Boden liegt sieht man wie Blut in Höhe der Nase aus dem Sack sickert. Man hört noch ein blubberndes »Bitte!«, als Henry erneut ausholt, aber diesmal mit seinem Fuß, bewaffnet mit mächtigen Stahlkappenstiefeln. Er trifft den Gefangenen direkt in die Magengrube und ein Ächzen ertönt, gefolgt von blutigem Husten. Henry nimmt seinem Gast den Sack vom Kopf. Das Gesicht ist aufgequollen und die Nase steht schief, wie in einem Cartoon. »Hallo Sonnenschein. Hoffe ich hab dich nicht geweckt? Es sieht so aus: Mein Boss will auf Nummer sicher gehn bei seinem Plan und da muss ich dir leider ein bisschen wehtun, also mehr als jetzt gerade.«
»Wa…. Wieso… ich…«, stammelt der Fremde hervor.
Eine gute Frage. Also wieso du? Naja ich glaub, weil du der Freund von diesem Hutch bist, oder? Und Bill braucht ein Druckmittel, falls Hutch doch abhauen sollte. Er ist nämlich wichtig für ihn, weißt du? Für seinen Plan ist Hutch von groooooßem Wert.« Mit der einen Hand hält er den Kopf des Gastes hoch und schlägt mit der anderen dreimal hintereinander zu. Der Kopf fällt schlapp auf den Boden und ein Büschel Haare bleibt an Henrys Hand kleben. Sprechen hat Hutchs Freund schon aufgegeben. Stattdessen winselt er nur noch und ergibt sich seinem Schicksal.
»Aber keine Sorge mein Lieber. Du wirst nicht sterben. Ich brauch nur ein kleines…, sagen wir mal, Souvenir von dir. Allerdings bin ich auch kein Freund des Zufalls und deshalb will ich gaaaaanz sicher gehn, dass das Souvenir groß genug ist.« Damit löst er eine Hand des Gefangenen und legt sie flach auf den Boden. Dann stellt er sich mit festem Stand vor den Arm und hebt einen seiner Stahlkappenschuhe. Er grinst und tritt mit voller Wucht auf das Handgelenk. Ein Schmerzensschrei ertönt, gefolgt von Flüchen und Verwünschungen, die wahrscheinlich auch außerhalb des Werkes gut hörbar sind. »DU ARSCHLOCH! MEINE HAND VERDAMMT! HÖR AUF MIR MEINE HAND ZU BRECHEN! BITTEEEE!« Henry grinst nur weiter im Blutrausch und tritt immer wieder auf das Handgelenk ein. Knochen splittern und das Gelenk fühlt sich unter den Stiefeln für ihn so an, als würde er auf ein Kirschkernkissen treten. Er tritt bestimmt zwanzigmal darauf, bis das Gelenk fast komplett abgetrennt ist. »Wow, ging ja schwerer als gedacht. Weißt du, das war das erste Mal, dass ich Jemandem die Hand so zertrümmert hab. Normalerweise nehm ich einfach mein Messer, aber das hab ich Dummerchen in meinem Pick Up vergessen. Lustig was?« Dabei dreht er die Hand wie einen Schraubenzieher hin und her. Hutchs Freund nur noch vor Schmerzen schreit. »Aber hey, ich hab ja noch eine schöne kleine Axt hier.« Als er Hutchs Freund die Axt zeigt, reißt dieser nur entsetzt die Augen auf und weint noch mehr, außerstande ein Wort herauszubringen. Henry hebt die Axt und mit einem Schwung saust sie auf das gebrochene Handgelenk. Haut und Sehnen reißen und die Hand bleibt leblos in einer Lache voll Blut liegen. Hutchs Freund schreit nur noch während ihm das Blut nur so aus dem Stumpf spritzt, wo vorher seine Hand war. »Nana, wer wird denn gleich weinen.« Mit ein paar Laken umwickelt Henry die Wunde fest, um die Blutung zu stoppen. »Keine Sorge, wirst bald erlöst glaub mir. Ich sag Bescheid, dass man dir was zu essen bringt und sich um das kleine Malheur hier kümmert.« Und so nimmt er die abgetrennte Hand mit und geht aus der Zelle. Er verstaut sie in der Kühlbox und sagt beim Verlassen des Werkes per Walkie Talkie ein paar Mitarbeitern Bescheid, sie sollen sich um den Gefangenen kümmern und das Sägewerk bewachen. Wieder im Auto fährt er los und macht kehrt in Richtung Heimatstadt von Hutch. »Das wird eine große Überraschung für dich mein Lieber.« In der Stadt angekommen, macht er Halt bei Lara und klingelt, woraufhin sie direkt öffnet.
»Hey, willst du mit in Hutchs Büro kommen und ihm ein Geschenk dalassen?« Er lässt grinsend die Kühlbox vor Laras Gesicht hin- und herschwingen.